Man sollte nie verraten, wer der Mörder ist
Man könnte sich daran gewöhnen, an jedem Wochenende gleich zweimal ins Theater zu gehen. Heute verschlug es einen Großteil der Schattenlichter ins Kleine Theater, in dem aber großes Theater zu sehen war: „Die Schachnovelle“, eine Bühnenadaption der gleichnamigen Erzählung von Stefan Zweig.
Die Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes leiden unter Langeweile, bis sie erfahren, dass sich der amtierende Schachweltmeister an Bord befindet. Zuerst scheint es, als wäre er im Spiel den Passagieren weit überlegen, aber dann entpuppt sich ein bis dahin unauffälliger Mitreisender als Schachgenie. Wie kann er das sein, wenn der Mann noch nie mit anderen Menschen Schach gespielt hat?
Würden wir an diese Stelle mehr verraten, wäre es, als erzählte man schon im Programmheft, wer der Mörder in der „Mausefalle“ oder in „Mord im Pfarrhaus“ ist. Denn „Die Schachnovelle“ entpuppt sich als spannender Krimi. Nur soviel sei verraten: Nicht nur das Spiel war großartig, sondern auch bei den Umbauten schlugen die Schattenlichter-Herzen höher. Denn geschickt von hinten beleuchtet, war jede Umbauaktivität wie ein Schattenspiel zu sehen. Super!
Was ist noch besser, als an einem einzigen Wochenende zweimal ins Theater zu gehen? Richtig: von Freitag bis Sonntag zwei Theatergänge und einen Kinobesuch zu genießen. Auf der Hand liegt, sich „Vor der Morgenröte – Stefan Zweig in Amerika“ anzusehen. Auch „Die Schachnovelle“ spielt in dem Film eine Rolle, und der Zuschauer erfährt einiges über die Zeit und die Umstände, unter denen der im brasilianischen Exil lebende Schriftsteller in der Nazizeit seine Novelle geschrieben hat.
„Die Schachnovelle“ gibt es erst wieder nach der Sommerpause im Kleinen Theater am Südwestkorso, aber „Vor der Morgenröte“ läuft zurzeit in vielen Berliner Kinos, zum Beispiel im Delphi in der Kantstraße. „Viel Vergnügen“ lässt sich bei so einem Film nicht wünschen, aber: „Gute Weiterbildung!“