Ein Jugendsommer in Potsdam
Auf diesen Theaterabend haben sich fünf Schattenlichter seit Monaten gefreut: Endlich hatten wir Karten für „Skizze eines Sommers“ in der Reithalle des Hans-Otto-Theaters bekommen! Länger hätten wir auch nicht mehr warten dürfen, denn heute war bereits die letzte Vorstellung des Stücks.
Mit „Skizze eines Sommers“ zeigt das Potsdamer Theaterhaus wieder einmal, dass es am Puls der Zeit arbeitet und – wie kürzlich mit „Tschick“ – ein Händchen für die Aufführung von Stücken hat, denen moderne Jugendromane zugrunde liegen. In diesem Fall ist dies der gleichnamige Roman von André Kubiczek; das Buch ist erst 2016 erschienen, war aber schon 2017 in Potsdam auf der Bühne.
Der Titel ist Programm: Es geht um einen Sommer, den letzten unbeschwerten im Leben des 16-jährigen René, bevor er – wir befinden uns in der späten DDR – eine Kaderschule besuchen muss. Dieser Sommer ist auch insofern etwas Besonderes, als Renés Vater sieben Wochen auf Dienstreise geht und seinen Sohn mit 1.200 Mark alleine zu Hause lässt. Sturmfreie Bude – und Geld im Portemonnaie!
René und seine Kumpels lassen es sich dementsprechend gutgehen, leeren in den sieben Wochen die Alkoholvorräte von Renés Vater, schlafen gepflegt aus, rauchen, hängen vor der Kaufhalle ab, lesen existentialistische Texte, hören fetzige Musik und gehen tanzen. Nicht zuletzt macht René so viele Erfahrungen mit gleichaltrigen Mädchen, dass er am Schluss gar nicht mehr weiß, in welche Disco, in welches Café und in welchen Park er mit seiner Neuen gehen so, weil quasi alle Orte schon erinnerungsverseucht sind.
Das alles ist so schön geschrieben, dass die Leichtigkeit dieses Sommers auf jeder Buchseite zu spüren ist. Erfreulicherweise hält sich das Theaterstück nahe am Buch und wählt mit gutem Geschick die relevanten Szenen aus. Mit acht Schauspielern, die sich auf der Bühne bemerkenswert verausgaben und unglaublich viel jugendliche Energie versprühen, ist Renés gesamtes Umfeld perfekt dargestellt. Dass man sich das Ganze im Sommer und in Potsdam ansieht, ist so genial, dass es kaum zu glauben ist.
Ein Theaterstück, dessen Derniere man gerade gesehen hat, lässt sich leider schwerlich als Theater-Tipp empfehlen. Also sagen wir: Einfach mal wieder ins Hans-Otto-Theater gehen – man kann da eigentlich nichts falsch machen! Und – unbedingt in diesem Sommer – „Skizze eines Sommers“ lesen, vielleicht sogar auf einer Bank in Potsdam! Viel Spaß!