Noch preiswerter als die Schattenlichter
Alle paar Jahre besuchen die Schattenlichter eine Aufführung im Werner-von-Siemens-Gymnasium in Schlachtensee. Dort gibt es „Die Oilen“, eine Lehrertheatergruppe, die es an Langlebigkeit mit den Schattenlichtern aufnehmen kann. Wir wissen nicht, wann „Die Oilen“ gegründet wurden, aber sicher ist, dass sie nun schon ihr achtes Stück zeigten und dass die Verbindung mit den Schattenlichtern bereits im Jahr 2004 begann: Damals hatten nämlich beide Gruppen Oscar Wildes „Ernst sein ist wichtig“ auf dem Plan, und die Lehrer guckten sich die Aufführung der Schattenlichter an, bevor sie ihre eigene Aufführung zeigten. Diese wiederum sahen die Schattenlichter – und freuten sich irrsinnig, als sie glaubten, einige Elemente ihrer eigenen Inszenierung wiederzuerkennen.
Vorgestern und gestern nun zeigten „Die Oilen“ ein Stück des russischen Autors Jewgenij Schwarz: „Der Schatten“. Es handelt vom Schatten einer verliebten Frau, der sich von der Frau löst und so weit verselbstständigt, dass er ihr durch Intrigen den Geliebten ausspannt. Aber wie unabhängig kann sich ein Schatten von einem Menschen machen? – Dieses Motiv findet sich mehrfach in Theater, Märchen und Opern.
„Die Oilen“ stellen das 1940 uraufgeführte Stück mit dem Stilmittel der Überzeichnung dar, was sehr konsequent umgesetzt ist, aber bisweilen den Zuschauer daran hindert, der Handlung nicht nur mit dem Kopf, sondern auch emotional zu folgen. Einzig bei längeren Dialogen verzichteten „Die Oilen“ auf die Überzeichnung, so dass dann das Publikum ganz im Bann des Stücks sein konnte. Bemerkenswert war die Leistung des spielerisch über sein Vorbild hinausgehenden Schattens (Elisabeth Leder), aber auch Jan Meister stach mit seiner vielfältigen Darstellung von – angenehm begabtem – Sänger, Korporal und Henker hervor. Nicht zuletzt Harald Rehnert brachte die Schattenlichter zum Lachen, weil er seinen Prinzen mit einer Egozentrik und Kindlichkeit spielte, die originell war und überzeugte.
Jeder Darsteller hatte im Publikum seinen besonderen Fanclub; bei den Aufführungen der „Oilen“ ist es immer erheiternd, Schüler zu beobachten, die sich freuen, ihre Lehrer in anderen Rollen zu sehen als im Alltag.
Eine Berufskrankheit – den Begriff „Hobbykrankheit“ gibt es wohl nicht – der Schattenlichter ist es, bei jedem Theaterstück zu schauen, was man davon in eigenen Inszenierungen verwenden könnte. Diesmal waren es zum einen die Bühnenmusik, die von Matthias Irmer am Flügel vorgetragen wurde und nicht nur Umbaupausen, sondern auch langwierige Auftritte wie das Hereinschieben eines Throns wunderbar verkürzte und dynamisierte. Zum anderen begeisterte uns das Bühnenbild, das den Glanz eines Königshauses mit Unmengen von überdimensionalen glänzenden Seidentüchern darstellte – minimalistisch und genial! Zudem bestand das Bühnenbild aus zwei hintereinanderliegenden Ebenen, so dass eine Handlung auf der Hauptebene durch Personen, die auf der hinteren Ebene ihr Unwesen trieben, verstärkt wurde.
Da es keine weiteren Aufführungen des „Schattens“ geben wird, lautet unser Tipp: Wenn „Die Oilen“ das nächste Mal wieder etwas spielen – hingehen! Mit drei Euro war das Lehrertheater sogar noch günstiger zu haben als eine Theaterkarte bei den Schattenlichtern.