Letzte Chance
Aus: Tagesspiegel-Newsletter für Steglitz-Zehlendorf (13.2.2025)
Autor: Boris Buchholz

Uns sind Musicals eigentlich immer zu teuer – warum 100 Euro für ein Ticket ausgeben, wenn man für 30 Euro ein gutes Theaterstück ansehen kann – aber mit einem 40-Prozent-Rabatt lockte uns „Stage Entertainment“ in „Ku’damm 59 – Das Musical“ im ehemaligen Theater des Westens in der Kantstraße.
„Ku’damm 56, 59 und 63“ heißen drei Fernsehstaffeln, die in den Jahren 2016, 2018 und 2021 im ZDF ausgestrahlt wurden. Darin geht es um die strenge Besitzerin einer Tanzschule am Ku’damm, Caterina Schöllack: Sie muss ihre drei Töchter in den 1950er-Jahren alleine versorgen, da ihr Mann nicht aus dem Krieg zurückgekehrt war. Dabei legt sie vor allem Wert auf den Ruf ihrer Familie. Zwei Töchter beugen sich dem Willen der Mutter und machen eine gute Partie: mit einem ältlichen Krankenhausprofessor und einem aufstrebenden Staatsanwalt. Obwohl beide Töchter in ihren Beziehungen unglücklich sind – der konservative Professor hält seine Frau an der kurzen Leine, und der Staatsanwalt interessiert sich für Männer, – wahren sie den Schein, um den Anforderungen der Gesellschaft zu genügen. Die dritte Tochter, Monika, trotzt den Erziehungs- und Verkupplungsversuchen der Mutter und widmet sich ihrer Leidenschaft, dem Rock’n’Roll. Der Vergleich mit ihren zwei erfolgreichen Schwestern liegt ihr dabei trotzdem schwer im Magen.
In Staffel 2, also dem Teil, der in dem aktuellen Musical umgesetzt wurde, kämpft Monika um ihr uneheliches Kind, das ihr auf Betreiben ihrer Mutter gleich nach der Geburt weggenommen wurde und nun bei ihrer kinderlosen Schwester und dem homosexuellen Staatsanwalt aufwächst. Der Staatsanwalt kämpft mit seinen gesetzlich verbotenen und von der Gesellschaft für pervers gehaltenen Gefühlen. Die unglückliche Professorengattin verlässt ihren Mann, bekommt aber ohne sein Einverständnis keine Arbeit und muss sich schließlich prostituieren, um finanziell über die Runden zu kommen. Und Monika arbeitet an ihrer Karriere als Sängerin und Tänzerin mit ihrem Freund Johnny, der mit seinen Erinnerungen ans Vernichtungslager Auschwitz zu kämpfen hat, wo seine gesamte Familie ermordet wurde. Monikas wahre Liebe, Joachim, heiratet indessen aus Pflichtgefühl eine andere Frau, der er sich wegen ihrer Schwangerschaft verpflichtet fühlt, bis herauskommt, dass das Kind gar nicht von ihm ist. Zudem kämpft er damit, der Rüstungsfabrik seines verstorbenen Vaters eine andere Richtung zu geben.
Kurz: Es gibt jede Menge Probleme, und wir waren im Vorfeld gespannt, welche davon auf Musical-Ebene unter den Tisch fallen würden. Das ist ja wie bei der 90-Minuten-Verfilmung eines 500-seitigen Romans: Da müssen ganze Handlungsstränge gestrichen werden, und der begeisterte Leser empfindet die Verfilmung manchmal als etwas flach.
Tatsächlich hat es das Musical geschafft, sämtliche Probleme in die Handlung aufzunehmen. Wir hatten die Filme zur Auffrischung gerade erst an den Vortagen gesehen und waren von der Umsetzung recht angetan. Es war aber nicht zu übersehen, dass die Menschen im Publikum, die die Filme nicht kannten, Schwierigkeiten hatten, der Handlung zu folgen. Das fing schon damit an, dass es keinerlei Exposition gab, also nicht einmal „Es geht um eine Tanzschulbesitzerin und ihre drei Töchter“. Im durch die vielen Nebenfiguren und Tanzenden undurchsichtigen Musicalstab mitzubekommen, wer wer ist und wer mit wem zusammenhängt, war da für Neulinge kaum möglich.
Zwar wurden alle Probleme angeschnitten, aber oft nur am Rande: Auschwitz auf drei Nebensätze zu reduzieren, wird dem Thema natürlich nicht gerecht, und beim schwulen Staatsanwalt war im Musical das Hauptproblem, dass er damit seine Frau betrog, wo es doch vor allem auch darum geht, dass er in dieser Epoche seine Sexualität nicht ausleben durfte und damit seine Karriere gefährdete.
Nun könnte man argumentieren, dass für all das in den 150 Musicalminuten keine Zeit wäre. Zeit wurde aber reichlich für eine neue Hauptrolle verwendet, die es in den Filmen in dieser Form gar nicht gibt: eine erfolgreiche weibliche Filmproduzentin. Im Film „Ku’damm 59“ ist das ein ältlicher Filmproduzent, den sich Caterina Schöllack als standesgemäßen künftigen Ehemann erhofft, obwohl er ihre Tochter begrabscht hat. Das zeigt gut die Abhängigkeiten dieser zwiespältigen Epoche. Die weibliche Produzentin im Musical strahlte hingegen Selbstbewusstsein, Unabhängigkeit und Modernität aus, was nicht dazu beiträgt, das konservative Rollenverständnis der Schöllack-Frauen zu verstehen.
Alles in allem war der Musicalbesuch dennoch ein vergnüglicher und kurzweiliger Abend, denn WIR kannten die Storyline ja, und außerdem gefielen uns viele Gesangsdarbietungen gut, und auch die Choreografien waren einfallsreich und „was fürs Auge“. Und auch Bühnenbilder und Lichteffekte gucken wir Schattenlichter uns ja immer gerne an.
Karten mit 40 Prozent Rabatt gibt es hier.
Der letzte Vorhang fällt am 23. Februar, übrigens auch dem Tag der Dernière des aktuellen Schattenlichter-Theaterstücks.
Eine gute Nachricht für die Fans der toll ausgestatteten „Ku’damm“-Filme erreichte uns in diesen Tagen über die Agentur Filmgesichter: „Ku’damm 77“ wird gedreht, also die vierte Staffel!
Selten hatten die Schattenlichter so viel Spaß beim Probem wie vor zwei Jahren bei der Komödie „Extrawurst“.
Daher freut es die Gruppe sehr, dass „Extrawurst“ im Januar 2026 ins Kino kommen wird, wie dem heutigen Tagesspiegel zu entnehmen war (siehe Foto).
Es ist immer amüsant, seine eigene Theaterrolle auf der großen Kinoleinwand zu sehen! Spannend ist auch, welche der im Artikel genannten Schauspieler welche Rollen übernehmen werden. Die Schattenlichter schließen schon Wetten ab!
Aus: Nachrichten AG (9.1.2025)
nag-berlin.de/deutschland/steglitz-zehlendorf/jubilaeum-in-zehlendorf-schattenlichter-feiern-40-jahre-theaterkunst/
Jubiläum in Zehlendorf: „Schattenlichter“ feiern 40 Jahre Theaterkunst!
Im Jubiläumsjahr 2025 feiert die Theatergruppe „Schattenlichter“ in Zehlendorf 40 Jahre seit ihrer ersten Aufführung eines Krippenspiels in der Paulus-Kirche. Die Gruppe wurde von einem evangelischen Gemeindepfarrer und Konfirmanden gegründet und erfreut sich bis heute an großer Beliebtheit. In den ersten drei Jahren fanden die Aufführungen hauptsächlich in Gottesdiensten und Gemeindeveranstaltungen statt. Elke Brumm, die seit der zweiten Inszenierung aktiv ist, übernahm 1988 die organisatorische Leitung und lenkt die Geschicke der Gruppe.
Ursprünglich trugen die „Schattenlichter“ ihren Namen aufgrund der Schattenspiele, die sie in ihren Anfangsjahren präsentierten. Heute hat sich das Repertoire der Gruppe erheblich weiterentwickelt. Seit 1988 wird im Großen Saal des Gemeindehauses am Teltower Damm 6 ein abwechslungsreiches Programm geboten, das viele bekannte Werke umfasst. Dazu zählen unter anderem Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ und Bernard Shaws „Pygmalion“. Aktuelle Stücke wie „Frau Müller muss weg“ und „Der Vorname“ sind ebenfalls Teil des Programms.
Jubiläumsaufführung und kriminelle Unterhaltung
Im Jubiläumsjahr wird die Gruppe einen Krimi mit dem Titel „There is no Escape – Es gibt keinen Ausweg“ aufführen. Die Vorstellungen finden am 20. und 21. Februar um 19:30 Uhr sowie am 22. Februar um 18:00 Uhr im Gemeindehaus der Evangelischen Paulus-Gemeinde Zehlendorf statt. Platzkarten sind zum Preis von fünf Euro erhältlich, sowohl online als auch im Gemeindebüro. Für viele Theaterliebhaber ist der Besuch dieser Aufführung ein fester Termin im Kalender.
Während der Corona-Zeit passte sich die Gruppe an die neuen Bedingungen an und drehte einen Film, bei dem aus Sicherheitsgründen jeweils nur zwei Personen gleichzeitig auftraten. Dies zeigt die Flexibilität und die Entschlossenheit der „Schattenlichter“, auch in Herausforderungen künstlerisch aktiv zu bleiben. Auf ihrer Homepage können Interessierte weitere Informationen zu den Aufführungen sowie zur Chronik der vergangenen 43 Theaterstücke finden.
Suche nach neuen Talenten
Aktuell sind die „Schattenlichter“ auf der Suche nach männlichen Mitspielern im Alter zwischen 15 und 70 Jahren, die beim Bühnenbau helfen können. Potenzielle Interessierte können die Gruppe über die E-Mail-Adresse schattenlichter@gmx.de kontaktieren.
Das innovative und eindrucksvolle Format des Schwarzlichttheaters, das ursprünglich aus Asien stammt und in Prag eine besondere Blüte erfahren hat, könnte in den Inszenierungen der „Schattenlichter“ eine interessante Inspiration finden. Diese Theaterart nutzt eine dunkle Umgebung und spezielle UV-Lichttechnik, um beeindruckende visuelle Illusionen zu erzeugen. Akteure agieren oft in schwarzer Kleidung und schaffen mit Hilfe von fluoreszierenden Kostümen eine fesselnde Atmosphäre, die die Zuschauer in ihren Bann zieht. Ursprünglich waren es in den 1960er Jahren etablierte Theaterrichtungen wie Černé Divadlo in Prag, die grundlegende Prinzipien der Illusion und des Spiels weiterentwickelten.
Die Techniken des Schwarzlichttheaters haben sich seitdem stark diversifiziert und erstrecken sich nun über Länder wie Deutschland, Ungarn, die USA und viele weitere. In dieser farbenfrohen und zugleich mystischen Welt des Theaters finden sich Möglichkeiten, die Lage des „Schattenlichter“-Ensembles weiter zu beleben und neues Publikum zu begeistern. Das Zusammenspiel von Licht, Körpersprache und theatrale Darstellung eröffnet den „Schattenlichtern“ neue Wege, ihre künstlerischen Fähigkeiten weiter auszubauen und in Zukunft einzigartig zu performen. Weitere Aspekte des Schwarzlichttheaters sind die Einbeziehung moderner Tanztechniken und der Einsatz variierender Bühnentechnologien, was die Attraktivität der Darbietungen umso mehr steigert.